Der neue Tschurtschenthaler Platz
Der Park ist kein Park mehr, nein, er wird zum Tschurtschenthaler Platz, ein Festplatz, ein Treffpunkt, eine weitere kulturelle Stätte, geschmückt mit architektonischen Highlights und viel Technik welche eine optimalen Festbetrieb garantieren sollen, aber nicht nur!
Seit nun mehr als 5 Jahren wird herum getüftelt an einer weiteren Betonwüste im Herzen von Bruneck und die Kosten explodieren und betragen mittlerweile geschätzte 5 Mio. Euro. Finanzierung unklar, vielleicht über den Recovery Fond?
Im Jahr 2016
Ein Jahr geprägt von so manchen öffentlichen Projekten, das war das Jahr 2016. Die neue Eissporthalle, deren Finanzierung, Rienzpark und nicht zuletzt der Aussichtsturm an der Kaiserwarte waren Stadtgespräch und liessen so einige Gemüter hochkochen, wie jenes des ehemaligen Fraktionschefs und ewigen Kämpfer für eine lebenswerte Stadt, Walter Harpf.
Damals in 2016 beschloss die Stadtgemeinde einen öffentlichen Wettbewerb zu lancieren. Schon lange war man des Tschurtschenthaler Parks überdrüssig. Nicht mehr zeitgemäss, abwertentend für die Stadt, erfüllt die Anforderungen seit Jahren nicht mehr. Zudem platzte der Park beim Festbetrieb aus allen Nähten. Eine Lösung musste her.
Etwas Geschichte
Der Platz vor dem Ursulinenkloster wurde im Jahr 1945 im Rahmen eines feierlichen Festabends, der Paul Tschurtschenthaler gewidmet war, nach ihm benannt. Damals legte man sich auf den Namen "Tschurtschenthaler-Park" fest. Der Park ist nach dem Juristen, Heimatforscher und Dichter Paul Tschurtschenthaler (1874-1941) benannt.
Tschurtschenthaler wurde am 2. Juli 1874 im Tschurtschenthalerhaus (Stadtgasse Nr. 39) in Bruneck geboren. Er war eigentlich Jurist und als solcher zunächst Bezirksrichter im Sarntal und später Landesgerichtsrat am Bezirksgericht Bozen. Er schrieb Wanderbücher und Heimatgeschichten, über Almabtriebe im Pustertal, vom Bauernjahr und der Tracht im Sarntal, von seiner Bergkanzlei als Grundbuchschreiber, aber auch über Kleinstadtbräuche in Bruneck, den Lorenzimarkt und den Gewerbebetrieb bzw. das Spielwesen vor der Rainkirche. Außerdem begründete er 1912 das Brunecker Stadtmuseum. Besonders wichtig ist Tschurtschenthaler jedoch für ein zeitgeschichtliches Dokument: In seiner "Brunecker Chronik" verzeichnete er akribisch alle Vorkommnisse und Veränderungen in der Kleinstadt; es sind tagebuchartige Aufzeichnungen, die er von September 1935 bis 1939 regelmäßig führte und die deshalb ein Schlüsseldokument Südtiroler Zeitgeschichte sind. Erst viele Jahre nach seinem Tod wurde die "Chronik" wiederentdeckt und 2000 als Buch veröffentlicht. Tschurtschenthaler optierte 1939 für die Aussiedlung und kam 1940 nach Bregenz, wo er 1941 verstarb. Sein Leichnam wurde auf den Friedhof nach Bruneck überführt. (Quellen: Archiv-Bruneck.it und Wikipedia.org).
Den Park in seiner heutigen Form gibt es wohl schon seit dem Jahre 1974. Am 19. Juli 1974 gab die Bürgerkapelle im neu errichteten Musikpavillon im Tschurtschenthaler Park ihr erstes Konzert. 2008 wurde der Musikpavillon grundlegend saniert und bat für Konzerte und allerlei sonstige Veranstaltungen wieder einen würdigen Rahmen. Unzählige Feuerwehr- Altstadt- und weitere Feste und Konzerte wurden im Tschurtschenthaler Park abgehalten, in wohliger Athomsphäre gings immer rund, man traf sich, as, trank und lauschte der zünftigen Musik.
Der Umbruch
Bis vor einigen Jahren, als dann der recht rasche Abstieg begann. Die Pflege des Parks wurde teilweise bis ganz eingestellt, Sitzgelegenheiten wurden entfernt, Baum um Baum verschwand, bis nun der Park zum Parkplatz degradiert wurde. Grund dafür wohl die Pläne den neuen Park so schnell wie möglich aus dem Boden zu stampfen. Eigentlich sollte der neue Park schon lange realisiert sein, denn der öffentliche Wettbewerk geht wie gesagt auf das Jahr 2016 zurück.
Der Wettbewerb
Aus dem Wettbewerb gingen Mitte 2016 folgende Siegerprojekte hervor:
3. Platz, Angelo Monti Architetto, Como (IT)








Quelle: https://www.competitionline.com/de/beitraege/122277/true
2. Platz, EM2 Architekten Architetti, Bruneck (IT)





Quelle: http://em2.bz.it/index.php?id=38&L=0&projectId=152
1.Platz, Raum3 Architekten, Brixen (IT)








Quelle: https://www.competitionline.com/de/beitraege/122269/true
Folgende Projekt-Daten waren 2016 die Basis für den Wettbewerb:

Wie zu erkennen ist, waren in der ersten Runde 64 Teilnehmer an Bord, nach der ersten Selektion waren es in der Endrunde noch 12, von denen "Raum3 Architekten" als Sieger hervor gingen. Die Baukosten wurden 2016 mit 1.140.000 Euro veranschlagt.
Zum Siegerprojekt liessen die Preisrichter folgendes verkunden:
Das Projekt besticht durch ein klares einfaches Konzept, verhält sich unaufgeregt mit der Öffnung zum Graben hin und ist einfach strukturiert. Die Qualität des Platzes verspricht eine gute öffentliche Nutzung. Diese relativ einfache Lösung bietet ein gutes und flexibles Konzept der Nutzung des Platzes. Die Wirtschaftlichkeit bewegt sich in einem vernünftigen Rahmen. Bei einer Realisierung sind einige funktionelle Aspekte zu verfeinern und zu vertiefen. Das Projekt tritt nicht in Konkurrenz zum umliegenden Ensemble. Der Pavillon als Solitär überzeugt skulptural durch seine Durchlässigkeit und flexible Nutzung. Es werden verschiedene Möglichkeiten des Verweilens geschaffen, der fließende Übergang zum Graben hin ist sehr gut gelöst.
Wie gings weiter?
Nun gut, die Wirtschaftlichkeit wird hervorgehoben, jedoch seien einige funktionelle Aspekte zu verfeinern und zu vertiefen. Dies ist unseren Informationen nach auch erfolgt. Relativ bald nachdem der Sieger fest stand ging man an die Detailplanung, Lokalaugenscheine und Besprechungen erfolgten, doch was genau rund um den Park nun Sache ist weiss keiner so genau.
Im Zuge der Präsentation des DUP im Juli 2021 vor dem Gemeinderat erklärte BM Griessmair, der Platz werde für Veranstaltungen jeglicher Art für jeglichen Veranstalter gedacht. Die Bühne liese sich ohne grossen Aufwand auf jede Anforderung einstellen, auch würde es eine Küche und Lagerräume geben. Erstaunlich zu hören war, dass diese Struktur nach der Fertigstellung im Katastrophen- und Zivilschutzfall im Sinne einer vernünftigen Mehrfachnutzung auch als Versorgungszentrum für Bruneck verwendet werden könnte. Gerade beim letzten großen Black-Out und den Schneekatastrophen samt mehrtätigen Straßensperren in Bruneck haben die Verantwortlichen in dieser Hinsicht einige Erfahrungen gemacht.
Der BM erwähnte weiter, dass diese Kulturstätte neben dem neuen Eisstadion, dem Noitechpark, dem Kolpinghaus sowie dem neuen Kunstraum ein weiteres Puzzlestück der Kulturstadt Bruneck sei.
So, dieses Puzzlestück, von dem keiner so recht weiss was jetzt Sache ist, soll laut neuesten Schätzungen rund 5 Mio. Euro kosten, also fast das 5-fache der damals in 2016 veranschlagten Kosten! Inflation? Wohl kaum... wohl eher wieder mal das Verlangen für Bruneck nur vom Feinsten zu zehren.
Mein Fazit
Zum Schluss noch ein paar persönliche Aspekte zum Siegerprojekt die mich skeptisch stimmen:
- Wir haben einen riesigen Platz vor dem Gemeindegebäude worauf wegen der Parkgarage keine Bäume gepflanzt werden können. Wäre es nicht vernünftiger diesen Platz für Feste jeglicher Art zu nützen? So könnte der Tschurtschenthaler Park ein Park bleiben, auch für kleinere Events wie Konzerte der Musikkapelle genutzt werden und es könnte auch mehr Grün Einzug halten!
- Der Festbetrieb stiess im alten Park an seine Grenzen, aber im Siegerprojekt kann ich keine grossen Kapazitätsverbesserungen erkennen. Wäre nicht auch hier der Gemeindeplatz der bessere Standort?
- Hat man auch die Luftströme berechnet? Kaum ein Baum, da frage ich mich der Platz es nicht zum Hitzekessel wird an so manchen heissen Sommertagen. Aber dies gilt leider genauso für den Gemeindeplatz.
- Küche und Lagerräume werden eingebaut. Somit ist dies das Ende der traditionellen Feuerwehr-Festbude, Schluss mit dem Hantieren von Brett, Nagel und Hammer. Es lebe die moderne Technik. Mir wärs traditionell in diesem Fall noch lieber.
- Müssen wir wirklich 5 Mio. auf den Tisch legen für so einen Platz? Gehts nicht ein wenig günstiger?
Weitere Projekte
Abschliessend hier noch einige Eindrücke weiterer eingereichter Projekte
Architektin Angelika Mair



Quelle: http://www.angelika-mair.com/raeumliche-vernetzung/
Architekt Benedikter



Quelle: https://www.benedikter.biz/projekt/016-060/?lang=de
Architekt Kostner



Quelle: http://www.arch-kostner.it/projekte/tschurtschenthaler/
M7 Architecture and Design



Quelle: https://www.archilovers.com/projects/191815/ristrutturazione-del-parco-tschurtschenthaler-a-brunico.html
MIDE Architetti





Quelle: https://divisare.com/projects/319317-mide-architetti-concorso-per-la-ristrutturazione-del-parco-tschurtschenthaler-a-brunico
Architekten Niederkofler-Pobitzer


Quelle: http://www.niederkofler-pobitzer.com/ausstellungseroeffnung-beitraege-zum-wettbewerb-neugestaltung-tschurtschenthaler-park/
Architekt Raumschneider

Quelle: http://www.raumschneider.it/wb-tschurtschenthaler-park-bruneck/