Nicht nur die Berge oder die mittelalterlichen Gebäude der Stadtgasse werfen Schatten auf unser leuchtendes Städtchen. Licht und Schatten entstehen auch durch verschiedene Tätigkeiten und Entwicklungen, die Bruneck prägen. Wir haben mit Claudia Plaikner einen Blick darauf geworfen und sie hat uns ihre Gedanken zu Bruneck aus ihrer „Heimatpflege-Sicht“ dargelegt. Auch das Thema „Fraktion“, bzw. „Fraktion und Frauen“ wurde angesprochen.

Claudia Plaickner

Frau Plaikner, Sie sind Landesobfrau des Heimatpflegeverbandes. Sie leben in Olang, arbeiten hauptberuflich in Bruneck und kennen unser Städtchen gut. Wo ist das Licht, was ist schön und schützenswert?

Die historische Bausubstanz in Bruneck: die Ansitze samt Gärten, die Stadtgasse, das Schloss samt Umgebung oder die historische Gasse am Beginn des Kronplatzweges: Das alles ist Kulturraum. Dazu kommt der Naturraum: Die Naherholungszonen wie das Schlossareal, das Kühbergl, das Sternwaldile samt Biotop. Wie herrlich ist es, von der Oberstadt Richtung Rienzschlucht spazieren zu können. In den Dörfern rund um Bruneck findet sich auch viel Spannendes, die Schalensteine in Luns und St. Lorenzen, die Überreste und Fundstätten von Kelten und Römern in den Hügeln des Brunecker Talkessels. Diese Verbindung von Kultur- und Naturraum ergibt reizvolle Ansichten.

Problematisch? … Sind die Baumaßnahmen in und rund um Bruneck, besonders, wenn sie in der Nähe der historischen Substanz stattfinden. Das Verkehrskonzept mit dem Parkhaus in der Schlosswiese kann nur als Katastrophe bezeichnet werden. Damit rührt man einen Raum an, der archäologisch, botanisch, landschaftlich sehr interessant ist und zum historischen Kontext gehört und damit für Baumaßnahmen dieser Größenordnung tabu sein müsste. Man weiß ja, dass neben den eigentlichen baulichen Maßnahmen das vom Gesetz vorgeschriebene Sicherheitskonzept noch Zusätzliches wie Abgrenzungszäune, Schächte, Belüftungen, Aufzüge usw. notwendig machen wird.

Ein weiteres Tabu bricht man mit der Erweiterung im Osten. Die Siedlungsgrenze, welche durch Straße und Eisenbahngleise vorgegeben ist, wird hier erstmals überschritten und außerdem die Bannzone missachtet. Denn, das muss uns klar sein: Es bleibt nicht bei einem Betrieb. Sobald die Zone überschritten ist, folgt eine bauliche Maßnahme nach der anderen. Leider werden Schutzklauseln in unserem Land nicht prioritär betrachtet, sie werden ständig ausgehebelt. Das ist auch hier der Fall.

Bruneck wirbt mit seinem Image als lebendige, moderne, pulsierende Kleinstadt mit historischem Flair mitten in den Bergen. Heißt das, es ist gut so wie es ist, oder müsste in Bruneck mehr getan werden?

Ja, es muss mehr getan werden – oder anders getan werden. Ein Verkehrskonzept muss angegangen werden, das nicht Individualverkehr, Autos, Straßen, Parkgaragen im Fokus hat, sondern die Radfahrer, Fußgänger und den öffentlichen Verkehr. Autos nehmen den Platz in Städten weg, nicht nur wenn sie fahren, sondern auch wenn sie stehen.

Ein weiteres Thema ist der Tschurtschenthaler Park. Schön und wünschenswert wäre ein Park mit viel Grün. Wenn es jedoch ein Platz werden soll - nun gut. Es wäre an der Zeit, dass man an eine geschmack- und maßvolle Gestaltung des Areals angeht.

Was auch auffällt: Bruneck bemüht sich um das Image einer Sportstadt. Dem Sport und den Sportstätten wird viel zugestanden. Damit macht man aber auch einiges kaputt, in St. Georgen soll das denkmalgeschützte Überschlagswehr in der Nähe der Ahrauen entfernt werden, für einen Kanu-Parcours. Das passt nicht zusammen.

Der Kultur hingegen wird zu wenig Augenmerk geschenkt. Es besteht Aufholbedarf etwa bei der Kleinkunst, bei Festen und beim konsumfreien Kulturerleben, während andererseits eventisierte Großveranstaltungen großzügig gefördert werden oder etwas Kinderfeste, die vor Corona stattfanden, kommerzialisiert werden

Es gibt zudem immer weniger traditionelle Geschäfte, Detailhandel. Internationale Ketten fassen Fuß. Das bedeutet für eine so kleine Stadt den Verlust von Identität und Erkennbarkeit. Bruneck könnte austauschbar werden. Auch die Fraktionen müssen daran arbeiten, ihre Identität zu behalten, eine Einheit zu bleiben, mit einem aktiven Dorfleben, einem Zentrum. Sie laufen sonst Gefahr zu verstädtern, zu Vororten, Schlafstätten von Bruneck zu werden. Das wäre schade.

Demnächst steht wieder die Wahl zu den Fraktionsvertretungen an. Wie sehen Sie deren Rolle?

Die Fraktionsvertretung ist immens wichtig. Sie stammt ja historisch von der Allmende, dem Besitz der Dorfgemeinschaft. Die Fraktionsvertretung verwaltet also den Besitz der Allgemeinheit, im Falle Brunecks der Bürgerinnen und Bürger. Der Fraktionsbesitz muss den Fraktionisten, der Allgemeinheit zur Verfügung stehen. Keinesfalls darf er für Spekulationen von Einzelinteressen verwendet werden.

Ein Thema, das in letzter Zeit heftig diskutiert wurde: Die Rolle der Frauen in der Fraktion. Wie sehen Sie dies? Macht es einen Unterschied oder ist es egal, ob ausschließlich Männer oder Männer UND Frauen diese Aufgabe ausführen?

Es macht einen Unterschied. Dass Frauen fehlen, ist nicht in Ordnung. Frauen haben einen anderen Blick auf ihre Umgebung, es rücken beispielsweise „soziale“ Themen wie Spielplätze, Grünzonen ins Zentrum. Familien, Jugendliche, ältere Menschen erhalten so eine direktere, bewusstere Vertretung. Die Rolle der Frau, was Familie, Erziehung, Pflege betrifft, ist unbestritten.

Frau Plaikner, vielen Dank für das Gespräch. „Unser Bruneck“ wünscht Ihnen alles Gute, auch für Ihre verantwortungsvolle Aufgabe im Heimatpflegeverband!

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25.Oktober 2021