Der Tennisweg soll gesperrt werden, somit kann der Stadtteil südlich der Tennisbrücke nur mehr über den Kronplatzweg erreicht werden. Kann sich jemand von euch vorstellen, dass die Verkehrslast am Kronplatzweg gleich bleibt wie heute? Also bei rund 1400 KFZ/Tag. Genau dies behauptet aber die Studie Bergmeister. Wir rechnen nach.

Vorausgeschickt

In unseren letzten Artikeln bezüglich Zufahrt Bruneck OST haben wir über einige Ungereimtheiten in der dazugehörigen Verkehrsstudie berichtet. Darauf hin haben wir eine Anfrage beim Büro Bergmeister gestellt. Nun möchten wir euch unsere Recherchen und die dazu gehörigen Fragen und Antworten näher bringen.

Hier der Komplettheit halber nochmal die Links zu den bisherigen Berichten zum Thema:
1. Highway to Rindler-Egge
2. 1, 2 oder 3 ? Oder doch nur 2!

Zudem noch die Erklärung einiger verwendeter Abkürzungen
DTV = Durchschnittliche tägliche Verkehrsstärke
ZS = Zählstelle
KFZ = Kraftfahrzeug
MIV = Motorisierter Individualverkehr

Die Studie vom April 2018

Im Zuge der Verkehrstudie "Verkehrsmassnahmen Bruneck OST" wurde durch die Gemeinde Bruneck dem Ingenieurteam Bergmeister aus Vahrn der Auftrag erteilt, Lösungsvorschläge für eine neue Zufahrt zu Bruneck OST zu erarbeiten. Demzufolge wurden von Bergmeister im Zeitraum vom 31.01.2017 - 16.02.2017 in folgenden Strassen automatische Querschnittszählungen durchgeführt:

  • Stuckstrasse
  • Johann-Kerer-Strasse
  • Kronplatzweg

Zudem wurde am 09.02.2017 eine Verfolgszählung an 5 Punkten durchgeführt um festzustellen welche Wege von den Lenkern genommen werden. Die Verfolgszählung wurden in folgenden Zeiten durchgeführt:

  • 07:15 - 09:00 Uhr
  • 10:30 - 12:00 Uhr
  • 14:30 - 16:00 Uhr
  • 17:00 - 19:00 Uhr

Wie in der Abbildung 2 ersichtlich wurde Bruneck OST zudem in 2 Zonen eingeteilt. In diesen 2 Zonen wurden 5 Zählstellen eingerichtet.

Aus der Verfolgszählung ergab sich somit folgendes Bild. Es sind jeweils die Quelle und das Ziel der Autolenker ersichtlich und die Anzahl der KFZ, die auf dieser Strecke verkehrt sind.

Zum Beispiel ist ersichtlich, dass zwischen ZS1 (Brücke Tieltpromenate) und ZS3 (Kronplatzweg) 29 KFZ durchgefahren sind. Dieser Verkehr wird in diesem Fall als Durchgangsverkehr oder Schleichverkehr bezeichnet.

In der nachfolgenden Grafik sind die Zählungen nochmal grafisch ersichtlich.

Der Lösungsvorschlag 2

In der Studie wird von einem «Lösungsvorschlag 2» gesprochen, ein Lösungsvorschlag 1 und weitere Vorschläge sind in der Studie jedoch nicht auffindbar!

Wir haben uns deshalb gefragt ob ein oder mehrere Lösungsvorschläge entfernt wurden und haben uns mit dieser Frage an Bergmeister gerichtet. Wir haben dazu folgende Antwort erhalten:

In der Anfangsphase der Studie haben wir vier Lösungsvorschläge untersucht und diskutiert. Die anderen Lösungsvorschläge unterscheiden sich nicht wesentlich von der Vorliegenden (z.B. Sperre Tennisbrücke statt Tennisweg oder keine Sperre, Tieltpromenade nur für Anrainer,…). Es wurde eine Erstbewertung für alle Lösungen von uns vorgenommen, und Lösung 2 hat sich als die beste Lösung ergeben. In der Diskussion mit der Arbeitsgruppe der Gemeindeverwaltung wurde dann entschieden, dass nur mehr Lösung 2 weiter vertieft wird. Die Entscheidung für diese Lösung fundiert auf der strikten Trennung der einzelnen Zonen, mit dem Ziel der Reduktion des Verkehrs in den Zonen und der gänzlichen Eliminierung des Schleichverkehrs.

Unser Meinung dazu: Auch wenn Vorschläge nicht weiter verfolgt werden, sollten sie in einer Studie zumindest genannt werden. Aus welchen Mitgliedern diese Arbeitsgruppe bestand und ob der Gemeinderat über mögliche Alternativen informiert wurde steht zu diesem Zeitpunkt noch nicht fest.

Was im Detail sieht nun dieser Lösungsvorschlag 2 vor?

  • Unterteilung des Untersuchungsgebietes Bruneck OST in 2 verkehrstechnisch unabhängige Zonen
    • Zone 1a – Erreichbar über Bruder-Willram-Strasse und Tiltpromenade
    • Zone 1b – Erreichbar nur über Johann-Kerer-Strasse (ausgen. mit Citybus über Ausserragen)
    • Zone 2 – Erreichbar nur über Kronplatzweg
  • Neubau der Zufahrtsstrasse Zone 2
  • Errichtung eines Parkhauses im Bereich des Schlossberg
  • Kronplatzweg nur mehr für Anrainer befahrbar
  • Sperrung Teil des Tennisweg für KFZ-Verkehr (Ausgenommen Citybus und Einsatzfahrzeuge → Errichtung eines Bollers
  • Entfernen aller Parkplätze in der Oberstadt sowie rund ums Ragenhaus → Fussgängerbereich
  • Anpassung und Optimierung der Ampelregelung im Bereich der Stuckstrasse

Siehe dazu auch folgende Grafik.

Als Basis für die Berechnung nimmt das Büro Bergmeister die Querschnittszählungen vom 08.02.17 - 14.02.17 --> DTV vom 09.02.17 sowie die Verfolgszählung vom 09.02.17

Für die Bruder-Willram-Strasse und Tiltpromenade sind in der Studie keine Querschnittszahlen zu finden, daher war nicht klar woher die Zahlen in der nächsten Grafik kommen. Nach Information durch Büro Bergmeister wurden die Werte "extrapoliert", d.h. der DTV wurde aus der Summe in der Stuckstrasse und der Verfolgszählung in der B.W.Strasse und Tiltpromenade prozentuell errechnet.

Werden die von Büro Bergmeister empfohlenen Massnahmen so umgesetzt, so prognostiziert das Büro Bergmeister für die ZONE 1 folgende Reduktion im Verkehrsaufkommen

Eine massive Reduktion von 3492 Kfz in der Stuckstrasse, respektive Bruder-Willram-Strasse und Tieltpromenade, welche dadurch erreicht wird, in dem die Zu- und Durchfahrt zu Zone2 sowie auch teilweise zu Zone 1 unterbunden wird.

Wie wurde diese Reduktion berechnet?

Dazu muss man zunächst verstehen, dass es Querschnittszählungen gab, welche über einen gewissen Zeitraum andauernd den Verkehr erfasst haben und eine Verfolgszählung welche nur gewisse Stunden an einem Tag durchgeführt wurden. Nimmt man die Verfolgszählungen in den einzelnen Strassen und multipliziert man die Zahl mit dem Faktor 2.2 so erhält man den DTV für diese Strasse. Den Faktor haben wir in 3 Strassen berechnet wo DTV sowie Verfolgszählung zur Verfügung stand:

Strasse Verfolgszählung Querschnittszählung Faktor
Stuckstrasse (Tieltpromenade + B.W.Strasse) 2336 5139 2.1999
Kronplatzweg 438 938 2.1415
Johann-Kerer-Strasse 1001 2148 2.1458

So, nun nimmt man alle aus der Tieltpromenade und Bruder-Willram-Strasse zukünftig nicht mehr erreichbaren Zielpunkte, deren Verfolgszählung und multipliziert diese mit dem Faktor 2.2

Strasse Start Ziel Zählung Reduktion Menge Extrapoliert
Tieltpromenade ZS1 Zone2 486 100% 486 1069,2
Tieltpromenade ZS1 ZS3 29 100% 29 63,8
Tieltpromenade ZS1 ZS5 32 100% 32 70,4
Tieltpromenade ZS1 Zone1 43 100% 43 94,6
Tieltpromenade Summe 1298,0
Bruder-Willram ZS2 Zone2 110 100% 110 242,0
Bruder-Willram Zone2 ZS2 320 100% 320 704,0
Bruder-Willram ZS2 ZS3 13 100% 13 28,6
Bruder-Willram ZS3 ZS2 39 100% 39 85,8
Bruder-Willram ZS2 ZS5 18 100% 18 39,6
Bruder-Willram ZS5 ZS2 22 100% 22 48,4
Bruder-Willram ZS2 Zone1 235 70% 164,5 361,9
Bruder-Willram Zone1 ZS2 423 70% 296,1 651,4
Bruder-Willram Summe 2161,7

Unsere Berechnung kommt nicht hundert prozentig auf das selbe Ergebnis, befindet sich aber in der Nähe der oben in der Tabelle 2 angeführten Werte und ist für uns Aussage der Korrektheit.

Soweit so gut, klingt alles plausibel. Die Reduktion der durchschnittlichen täglichen Verkehrsstärke (DTV) beträgt insgesamt laut Berechnung Bergmeister 3492 Kfz.

Was ist nun aber mit dem Verkehr welcher in Zukunft über den Kronplatzweg laufen muss, da durch die Sperre im Tennisweg nicht mehr erreichbar? Auch diese Werte lassen sich aus der Verfolgszählung errechnen:

Strasse Start Ziel Zählung Reduktion Menge Extrapoliert
Tieltpromenade ZS1 Zone2 486 100% 486 1069,2
Bruder-Willram ZS2 Zone2 110 100% 110 242,0
Bruder-Willram Zone2 ZS2 320 100% 320 704,0
Johann-Kerer ZS5 Zone2 23 100% 23 50,6
Johann-Kerer Zone2 ZS5 44 100% 44 96,8
Zone1 Zone2 128 100% 128 281,6
Zone2 Zone1 326 100% 326 717,2
Kronplatzweg ZS3 Zone2 130 100% 130 286,0
Kronplatzweg Zone2 ZS3 141 100% 141 310,2
Summe 3757,6

Daraus ergibt sich die Summe von 3760 Kfz (Schleichverkehr nicht mit einberechnet) welche nach der Sperrung über die neue Zufahrtsstrasse Kronplatzweg von und zur Zone 2 verkehren müssen. Man würde nun annehmen diese Zahlen werden im Lösungsvorschlag für Zone 2 berücksichtigt, jedoch nein, die Prognose für Zone 2 fällt nämlich aus wie folgt!

Lösungsvorschlag Zone 2

Damit die Prognose für Zone 2 aussagekräftiger wird, hat man sich dazu entschlossen im Jahr 2018 eine erneute Verkehrszählung im Bereich Kronplatzweg, Paul-von-Sternbach-Strasse und Tennisweg durchzuführen. Als Grund dafür wurden die Öffnung Südausfahrt und die Wiedereröffnung der Musikschule angegeben.

Die Zahlen von 2017 und 2018 im Vergleich:

Strasse Zählung 2017 Zählung 2018 Zunahme
Kronplatzweg DTV 938 DTV 1382 45%
Paul-von-Sternbach-Strasse DTV 1580 DTV 2294 45%
Tennisweg Keine Daten DTV 2364

Die Zunahme liegt durchschnittlich bei 45%.

Daraus ergaben sich laut Bergmeister folgende Massnahmen für Zone 2, im speziellen Kronplatzweg, Paul von Sternbach Strasse und Tennisweg:

  • Durchfahrtsverbot Bereich Tennisweg-Tennisbrücke für motorisierten Individualverkehr (Zone 2 kann nur über Kronplatzweg erreicht werden)
  • Bau einer neuen Zufahrtsstrasse in die Zone 2 → Kronplatzweg teilweise nur für Anrainer befahrbar; Ausbau im Bereich der Engstelle im Bereich Ansitz Vintler
  • Bau eines neuen Parkhauses im Bereich des Schlossberges
  • Entfernen aller Parkplätze im Bereich des Ragenhauses und der Oberstadt → wird zum Fussgängerbereich
  • Auslagerung des Hockeystadions

Man verspricht sich somit folgende Verbesserungen:

  • Der gesamte Schleichverkehr wird anhand des Durchfahrtsverbots unterbunden.
  • Der gesamte Verkehr welcher bisher die Ziele Oberstadt und Ragenhaus über die Paul-von-Sternbach-Straße angefahren sowie verlassen hat wird durch das Durchfahrtsverbot unterbunden.
  • Das Entfernen der gebührenpflichtigen Parkplätze (Oberstadt-Ragenhaus) entlastet den Bereich zusätzlich: Bei ca. 50 Parkplätzen (ca. 4 Belegungen pro Tag) fallen ca. 400 Fahrten täglich weg -> diese werden mit der Eröffnung des Parkhauses kompensiert. Für die Eltern der Musikschüler, welche diese hinbringen und abholen, wird eine Lösung im Stile von „Park&Kiss" innerhalb des Parkhauses angedacht.
  • Durch Auslagerung des Hockeystadions fallen an Spieltagen der ersten Mannschaft etwa 300-350 Kfz (entspricht in etwa 600-700 Fahrten) weg, sowie die gesamten Fahrten, welche während des Tages für das Hockeytraining generiert werden (bis zu 4 Fahrten für Jugendliche und Kinder ohne Führerschein).

Daraus ergibt sich folgende Prognose für Kronplatzweg und Paul-von-Sternbach-Strasse laut Büro Bergmeister

Diese Berechnung zeigt, dass am Kronplatzweg keine Erhöhung des Verkehrsaufkommens entstehen soll, aber wo bleiben die 3760 Kfz, welche in der Zone 1 als Zufahrt zu Zone 2 wegfallen?

Wir haben Büro Bergmeister mit diesen Zahlen konfrontiert und darauf folgende Antwort erhalten:

Durch die Sperre Tennisweg (auch für Anrainer) und die oben beschriebenen Maßnahmen ändern sich die Verkehrsbeziehungen zwischen ZS1, ZS2, ZS5, Zone 1 zur Zone 2 wesentlich, da wesentlichen Verkehrsmagnete der Zone 2 verlagert entfallen. Deshalb ist Ihr Ansatz der einfachen Umlagerung und Hochrechnung nicht korrekt.

Eine Milchbüchleinrechnung

  • Der Schleichverkehr, also Verkehr von Zone1 zu Kronplatzweg wurde in unserer Berechnung für das Verkehrsaufkommen in Zone 2 nicht mit eingerechnet
  • Der Verkehr zu Oberstadt und Ragenhaus lässt sich ungefähr mit der Differenz zwischen dem Verkehrsaufkommen in der Paul-von-Sternbach-Strasse und dem Kronplatzweg errechnen, also ca. 900 Kfz (2294-1382). Wir könnten auch nur 400 rechnen wie von Büro Bergmeister berechnet hinsichtlich der Entfernung der Parkplätze.
  • Gehen wir davon aus, dass pro Hockeyspiel 700 Fahrten berechnet werden. Im Zeitraum der Messungen (insgesamt 37 Tage) kam es nach unseren Recherchen zu 4 Heimspielen. Daraus ergibt sich eine durchschnittliche Belastung von 76 Kfz/Tag im Zeitraum der Messungen. Runden wir grosszügig auf 100 Kfz/Tag auf um die Trainings zu berücksichtigen.

Wir ziehen nun von den 3760 Kfz die oben angeführten Werte ab. Somit bleiben nach unseren grosszügigen Berechnungen min. 2800 Kfz anstatt den 1400 am Kronplatzweg prognostizieren. Tendenziell noch höher, denn z.B. ein "Park&Kiss" Bereich für die Musikschule macht wohl eher im Bereich der Musikschule Sinn, anstatt wie geplant in der Parkgarage. Vor allem sperrige Musikinstrumente oder bei schlechtem Wetter, wird man wohl kaum von den Schülern verlangen den Weg zurück zu legen.

Aber bitte, da wir die Hintergründe der Berechnungen nicht kennen und auch unsere Faktorenberechnung nicht unbedingt richtig sein muss, kann der Rechenfehler auch auf unserer Seite liegen!

Unser Fazit

Das Feedback von Büro Bergmeister hat zwar die Frage bezüglich der Lösungsvorschläge geklärt, man hielt es wohl für besser 3 Vorschläge vor Veröffentlichung zu streichen, weitere Fragen konnten aber nicht aus der Welt geschaffen werden. Vor allem fehlt der Vergleich zu alternativen Lösungen, wie z.B. Zufahrt über Mössmer Rampe. Dies wäre als Vergleich sehr begrüssenswert gewesen. So entsteht der Eindruck man möchte um Biegen und Brechen den Zufahrtstunnel im Bereich Schlosswiese rechtfertigen.

Unserer Meinung nach wäre zudem zu berücksichtigen, dass es sehr wohl noch bestehende Verkehrsmagnete in Bruneck OST gibt, wie z.B. das Freischwimmbad, zudem soll ein Naherholungsgebiet entstehen bei dem man nicht davon ausgehen kann, dass alle Besucher ohne KFZ anreisen. Des Weiteren werden neue Wohnbauzonen ausgewiesen, also mehr Einwohner, dies bedeutet somit auch mehr Verkehr. Wieso diese Faktoren in der Studie nicht eingeflossen sind, ist für uns nicht ganz verständlich.

Wie geht's weiter?

In der Zwischenzeit laufen die Planungsarbeiten für die Garage Schlosswiese sowie der Zufahrt Bruneck OST auf vollen Touren. Kürzlich wurde der Auftrag der Vermessung des Fussgängerzugangs im Bereich des Ansitz Vintler vergeben.

Demnächst findet ein Treffen zwischen Vertretern der Gemeinde und "Unser Bruneck" statt um die hier erwähnten, sowie weitere Fragen zu klären. Ich hoffe dann schlauer zu werden.

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